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Story 004 – 1817 – Menschen

Die Wanderjahre Philipp Jakob Wielands 1817–1820

Beeindruckende Zeugnisse eines rastlos Wissbegierigen

Von 1817 bis 1820 geht Philipp Jakob Wieland auf Wanderschaft. Dabei lernt er nicht nur vielfältige Aspekte seines Berufes kennen. Er erwandert sich auch seine Weltläufigkeit und einen weiten kulturellen Horizont. Seine ausführlichen Tagebücher sagen aber auch viel über den Menschen P. J. Wieland aus.

Als Philipp Jakob Wieland am 24. September 1817 seine Heimatstadt in Richtung Augsburg verlässt, ist er schon 24 Jahre alt. Nun verliert er keine Zeit und macht in den folgenden drei Jahren Station in 48 Orten. Sein Weg führt ihn bis nach Venedig, Wien, Budapest, Prag, Breslau, Berlin und Hamburg; auf dem Rückweg ist er unter anderem in Amsterdam, Aachen, Weimar und Nürnberg.

Seinen Beruf lernt er dabei in zahlreichen Facetten ausgiebig kennen – nicht immer zu seiner Zufriedenheit. So bescheinigt er etwa seinem Meister in München, „daß er blos ein geschäftlicher Nichtsthuer ist“ der mit seinen Arbeitern umgeht „als wie mit dem Vieh“. Diese und viele andere Notizen verdanken wir seinem umfangreichen Wandertagebuch, das bis heute erhalten geblieben ist. Und das weit über das Berufliche hinaus einen Blick auf den Menschen Philipp Jakob Wieland erlaubt, seine Anschauungen, seine Interessen, sein Äußeres und nicht zuletzt seinen Humor. So macht ihm in Passau die Gastgeberfamilie „recht viel Freude“ – weil er an der Braut des Meisters ein Mädchen kennenlernte, das „alles aufbot, um mir den Aufenthalt recht angenehm zu machen.“ Gerne wäre er länger geblieben, „wenn es nicht meiner Ehre nachtheilig geweßen wäre.“ Auch in der Nähe von Brünn kommt er in Versuchung, die Anmut einer Wirtin bringt ihn „ganz aus der Fassung.“ Der Wein, den er „wegen der Hitze etwas schnell“ trinkt, löst ihm die Zunge, das Gespräch mit der Schönen „ging prächtig“. Dann aber bekommt er „einen dichten Nebel und hatte nur zu machen, daß ich mit Ehren außer Haus kam.“

In Augsburg spielt er, von Schlaflosigkeit geplagt, spät abends auf seiner Flöte das Lied „Freut Euch des Lebens“. Damit weckt er seine erbosten Kameraden – und den Unmut des Meisters. Der lässt ihn später zur Strafe den ganzen Tag lang bei Schneetreiben im Freien eine Glocke abreiben. Im Kontrast dazu berichtet der Wanderer immer wieder von anregenden Begegnungen mit Professoren und Doktoren, darunter Philosophen und Chemiker.

Und Wieland geht oft und gerne ins Theater oder in die Oper, seine Ansprüche sind hoch. So wird die Zauberflöte in Berlin „nicht zu meiner Zufriedenheit vorgetragen, die Direction war sehr schläfrig.“ Als er am 10. August 1820 wieder in Ulm eintrifft, ist er bestens auf seine glänzende berufliche Zukunft vorbereitet – als Glockengießer – aber auch als Mensch mit einem weiten Blick über den Tellerrand hinaus.

Auszug Wanderbuch

Seinem „Amtlichen Wanderbuch“ entnehmen wir, das P. J . Wieland von „großer Statur“ war, eine „große Nase“ und „volle Wangen“, braune Augen und Haare hatte, außerdem „gute Zähne“ und „gerade Beine“.

Bescheinigung Glockengießer-Lehre Abschluss

Unerlässliche Bedingung für die Wanderschaft: Sein Lehrmeister Thomas Frauenlob bescheinigt Philipp Jakob Wieland 1813 den erfolgreichen Abschluss seiner Glockengießer-Lehre.

Auszug Zeugnis Meister Gugg

Zeugnis des Meisters Gugg in Salzburg. Wieland liebt die „ohnvergleichlichsten Aussichten“, und die „äußerst freundschaftliche Behandlung des Hn. Gugg machte mir die Abreise noch unerträglicher.“

Buch Wieland-Archivar Klaus Eickhoff

1995 überträgt Wieland-Archivar Klaus Eickhoff in mühevoller Arbeit die drei Hefte aus der Feder des Firmengründers in modernes Deutsch und veröffentlicht sie in einem lesenswerten Buch.