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Historie und Verantwortung – Die Wieland-Werke 1933–45

Die Kriegsjahre des Zweiten Weltkriegs waren auch für die Wieland-Werke AG eine schwierige Zeit, für die das Unternehmen historisch um seine Verantwortung weiß. Als Hersteller von NE-Halbzeugen erfuhr Wieland von Seiten der Behörden eine Vorzugsbehandlung, musste sich aber dennoch unermüdlich für den Fortbestand und Schutz des Unternehmens und dessen Mitarbeiter einsetzen.

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Story 083 – 1944 – Menschen

Bürokratisches Aufarbeiten des Schreckens

1944 werden 123 Mitarbeiter Opfer eines Bombenangriffs

Im Dezember 1944 wird das Werk in Ulm in einem großen Angriff von alliierten Bombern schwer beschädigt. Schlimmer noch – 123 Mitarbeiter verlieren dabei ihr Leben oder werden schwer verwundet. Wieland muss auf bürokratischem Weg Ersatz anfordern.

Am 17. Dezember 1944 fliegen amerikanische Bomberverbände einen Angriff auf Ulm. Die Münsterstadt ist längst ein wichtiger Industriestandort, in dem zahlreiche Firmen für die Rüstungsindustrie tätig sind. Auch die Wieland-Werke, die prominent und innenstadtnah gelegen ein leichtes Ziel abgeben. Dabei werden 123 Betriebsangehörige getötet oder schwer verletzt.

Im Februar 1945 bemüht sich die Werkleitung um Ersatz der Arbeitskräfte. Der erhaltene Schriftverkehr mit der NSDAP-Kreisleitung Ulm – Kreisamt für Technik – bewegt und irritiert noch heute. Nicht nur, weil alle 123 Opfer namentlich und nach Abteilungen sortiert aufgeführt werden und sich hinter jedem dieser Namen ein Schicksal verbirgt, sondern auch wegen der bürokratischen, von verharmlosenden Euphemismen und Propagandabegriffen durchsetzten Sprache, derer sich auch Wieland im amtlichen Schriftverkehr bedienen musste.

Man sei sehr dankbar, „wenn uns der Wehrkreisbeauftragte Va durch Ihre Mithilfe für die bei dem Terrorangriff am 17. Dezember totalgeschädigten Gefolgschaftsmitglieder eine Sonderzuteilung zuteil werden lassen könnte.“ Detailliert führt das Schreiben zwar Namen, Abteilungen und Funktionen der „Totalgeschädigten“ auf – explizit von Toten, Verletzten oder dauerhaft Beschädigten ist nicht die Rede.

Demnach waren 86 Betroffene in der Produktion tätig, 37 in der Verwaltung. Damit seien „12,3% unserer inländischen Gefolgschaftsangehörigen total geschädigt worden“ – der Anteil der betroffenen Fremdarbeiter wird nicht erwähnt.

Stattdessen rechnet man aus, dass bei insgesamt 281 Verwaltungsangehörigen deren prozentualer Anteil mit 37 Totalgeschädigten (13,5 %) mit dem Anteil der betroffenen „Betriebsangehörigen (Arbeiter) ungefähr überein“ stimme.

Das Schreiben, gerade auch durch die bürokratische und nüchterne Sprache angesichts des Ereignisses ein verstörendes Zeitdokument, endet mit dem Wunsch: „Ihrer Benachrichtigung, ob überhaupt und in welchem Umfang Sie in der Lage sind, uns eine Zuweisung für diese Gefolgschaftsmitglieder zu machen, sehen wir gerne entgegen und danken Ihnen für Ihre Bemühungen im voraus.“ Ob dem Wunsch entsprochen wird, lässt sich heute nicht mehr ermitteln.