Story-Headerimage
4 min Lesedauer
Story 032 – 1822 – Menschen Service

Auf Heller und Pfennig: das „Cassa-Buch“ von 1822

Solide Buchführung ist von Anfang an die Basis des Erfolgs

Philipp Jakob Wieland ist nicht nur ein profunder Glockengießer und findiger Unternehmer. Sondern auch ein gewissenhafter und akribischer Buchhalter. Damit sichert er seinem Unternehmen von Beginn an eine solide betriebswirtschaftliche Grundlage.

Das älteste erhaltene Dokument der betriebswirtschaftlichen Gründlichkeit des Firmengründers ist das „Cassa-Buch“ von 1822. Es führt für die Zeit von Juni 1822 bis Dezember 1823 alle Einnahmen und Ausgaben des noch jungen Unternehmens sorgfältig auf.

Dadurch erlaubt es eindrucksvolle Einblicke in die Frühzeit der Firma, in die Personalstärke, in die Menge des verarbeiteten Rohmaterials und in die Produktpalette. So lässt sich erkennen, dass Wieland damals gerade einmal einen Facharbeiter, einen Helfer und gelegentlich mehrere Taglöhner beschäftigt – sowie zwei Mägde im Haushalt. Verarbeitet werden jährlich zwischen einer und 1,5 Tonnen Messing, Kupfer, Zink, Zinn und Blei.

 

Buchhaltung 1822

Der erste Eindruck täuscht: Auf der linken Seite hält Philipp Jakob Wieland nicht nur Umsätze fest, sondern in der ersten Zeile als Übertrag vom Vormonat auch sein Betriebskapital.

Buchhaltung 1822

Dem Kassenbestand von 540 Gulden und Einnahmen von rund 6 Gulden stehen im Januar 1823 Verbindlichkeiten und Ausgaben von 425 Gulden gegenüber, darunter auch 7 Gulden für „Taglöhner“.

Zwar finden sich immer wieder Einnahmen für Glocken, so etwa am 10. August 1822 5 Gulden und 36 Kreutzer. Deutlich mehr Umsatz macht Philipp Jakob Wieland aber bereits mit neuen Produkten, etwa mit Hahnen, Bügeleisen, Handspritzen und Steigbügeln. Das „Cassa-Buch“ ist deshalb auch ein Zeugnis dafür, wie sehr der Firmengründer von Anfang an auf eine Diversifizierung seines Angebotes setzt. Und es zeigt, dass der Löwenanteil des Umsatzes mit Bierpumpen und Feuerspritzen erzielt wird.

Die Aufzeichnungen vermitteln aber auch ein Bild davon, wie schwer die ersten Jahre sind. Immer wieder muss Philipp Jakob Wieland Darlehen bei seinem Vater aufnehmen. Und immer wieder schließen die Monate mit einer „schwarzen Null“ ab, Ende August 1822 sind sogar von ursprünglich 736 Gulden nur noch 5 in der Klasse.

Kein Wunder also, dass der Firmengründer mit seiner Familie jahrzehntelang in der bescheidenen Wohnung direkt über seinem Betrieb wohnen bleibt. Ebenso selbstverständlich bleibt es für ihn, Zeit seines Lebens ordentlich Buch über seine Geschäfte zu führen. Später, nach dem Anwachsen des Unternehmens, geschieht dies in großformatigen, dicken Auftragsbüchern. Viele von ihnen sind erhalten – und erlauben es so noch heute, die Entwicklung von Wieland hin zum großen Industrieunternehmen detailliert nachzuverfolgen. Und sie zeigen, dass die gewissenhafte Buchführung für den Erfolg des Unternehmens genauso wichtig ist wie die vielen technischen Errungenschaften.

Ab 1862 sind schon beeindruckend voluminöse „Versandbücher“ nötig, um sämtliche Geschäftsvorgänge detailliert festzuhalten.